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von Uhle » 11.05.2015, 19:53
Der DTFB hat in einer Newsmeldung den TAZ-Artikel thematisiert:
"...
Erneut sehr positiv war das sportliche Niveau, mit dem sich alle unsere Bundesligen präsentieren. Schön zu beobachten ist, dass die Leistungsfähigkeit von vielen Vereinen von Jahr zu Jahr ansteigt, was sich einerseits in der Team-Ausstattung und andererseits in der Möglichkeit, (ausländische) Topspieler zu engagieren, zeigt. Besonders auffällig ist das bei der Damen-Bundesliga, die sich seit dieser Saison endgültig als gleichwertiges Produkt neben der Herren-Bundesliga präsentiert und Aushängeschild unseres Sports ist – auch wenn dies von einem scheinbar schlecht recherchierten Bericht einer Berliner Zeitung in Frage gestellt wird. Unsere Damen genießen die gleiche sportliche Wertigkeit wie die Herren und für uns ist die Damen-Bundesliga eine vollwertige Liga und nicht nur ein Sprungbrett für die Herren-Bundesliga. Wir sind stolz auf das, was aus der Damen-Bundesliga innerhalb weniger Jahre wurde und bedanken uns bei allen Helfern im Hintergrund und vor allen Dingen bei allen Teilnehmerinnen, die Teil dieses weltweit einzigartigen Vorzeigeprojekts sind.
..."
Auf die Anfrage von Phillip Pauli: "Hab ihn mir eben nochmal durchgelesen. Inwiefern ist der artikel scheinbar schlecht recherchiert?" gab es folgende Antwort:
DTFB:
Hallo Philipp,
in dem Artikel sind mehrere Dinge seltsam dargestellt. Wir gehen davon aus, dass es sich um ein Rechercheproblem handelt, da wir nicht glauben möchten, dass hier mutwillig versucht wurde, einer jungen aufstrebenden Sportart wegen ein paar reißerischer, verkaufsfördernder Aussagen zu schaden.
Hier folgen einige Aussagen, die zumindest nach der uns bekannten Faktenlage fehlerhaft bis fragwürdig sind:
1. “Oke Harms, selbst Weltmeister ... im Tischfußball” – Auch wenn wir uns sehr über einen deutschen Herren freuen würden, der sich den Weltmeistertitel im Tischfußball erspielt, hat das bisher leider noch niemand geschafft. Da sind unsere Damen übrigens schon einige Schritte bzw. Titel weiter.
2. “Viele Tischfußballerinnen ziehen es vor, in offenen Teams zu spielen, weil sie sich dort besser gefördert sehen.” – Woran kann man das erkennen? Im Jahr 2014, als die Schleusen noch offen waren, haben 187 Damen in den Damen-Bundesligateams gespielt und ca. 10 in den Herren-Bundesligateams. So klein sind wir mittlerweile nicht mehr, dass man diese ca. 10 als “Viele” bezeichnen müsste.
3. “...künftig vermehrt auf die Turnier von Players4Players konzentrieren...” – Das verwirrt uns. Soll es um das Mitspielen in Ligen gehen, dann ist der Vergleich unsinnig, da P4P keine Ligabetriebe ausrichtet. Ist das aber ein in diesem Kontext seltsamer gedanklicher Sprung zu “normalem” Turnierbetrieb, dann ist es ebenso schräg, da alle mehr als 100 DTFB-Challenger, alle ITSF-Turniere in Deutschland von Pro über Master Series bis hin zum WCS immer offene Disziplinen anbieten.
4. “...dem wesentlich demokratischer organisierten Konkurrenzverband des DTFB.” – Wir wussten bisher noch nicht, dass der DTFB einen Konkurrenzverband hat und dieser vermeintliche “Konkurrenzverband” hat dies ja auch auf seiner Facebook-Seite selbst richtig gestellt. Und als genau so unsinnig erachten wir die Aussage “wesentlich demokratischer organisierten...”, ohne dass das mit Fakten belegt ist. Der DTFB lädt Jahr für Jahr alle seine Mitgliedsverbände zu einem gemeinsamen Wochenende ein, um alle relevanten Themen offen miteinander zu besprechen und am Ende des Wochenendes im Rahmen der Mitgliederversammlung per Abstimmung zu entscheiden. Es gibt sicherlich nicht viele Organisationen, die solch intensive Abstimmprozesse haben, was sich auch daran zeigt, dass noch nie mehr als 2 der aktuell 13 Landesverbände keine Vertreter entsendet hatten. Dass immer mehr als 80% der Mitglieder bei einer Mitgliederversammlung vertreten sind, zeugt in unseren Augen nicht von einem demokratischen Mangel.
5. “Dabei wird offenbar vergessen, dass Fußball, abgesehen vom Namen, nicht viel mit Tischfußball gemein hat.” – Was soll diese Aussage? Wir versichern, dass wir auch ohne diesen Zeitungsbericht gewusst hätten, dass Fußball und Tischfußball nicht viel gemein haben.
6. “Statt die Gleichberechtigung jedoch als Aushängeschild zu nutzen, erhofft sich der DTFB mehr Anerkennung durch Anpassung” – Wieso sollte sich der DTFB durch die Anpassung mehr Anerkennung erhoffen? Von wem? Wozu? Außerdem haben wir seit diesem Jahr in unseren Bundesligen Gleichberechtigung. Unsere Damen und unsere Herren haben an dieser Stelle das absolut gleiche Recht – jeder darf in seiner gleichwertig dargestellten Liga, in der um nationale Titel gekämpft wird, spielen.
7. “Vor allem aber eine verpasste Chance, der konservativen Genderauffassung der Sportwelt etwas entgegenzusetzen.” Auch hier darf die Frage gestattet sein, von welcher Chance hier die Rede ist. Seit mehr als 40 Jahren gibt es in Deutschland Ligabetriebe, bei denen Damen und Herren gemeinsam spielen. Was hat das unserem Sport oder den Damen genutzt? Nachdem wir vor einigen Jahren feststellten, dass der Damenanteil in unserem Sport deutlich zu niedrig ist, hat der DTFB eigene Events für Damen ins Leben gerufen. Diese reinen Damen-Events wie Damen-Challenger oder primär die Damen-Bundesligen – und dies alles für absolut geringe Gebühren - haben zu einem signifikanten Anstieg bei den Damen geführt und wir durften uns über mehr als 750 aktive Damen Ende 2014 im DTFB freuen. Warum sollen wir der “konservativen Genderauffassung der Sportwelt etwas entgegensetzen”, wenn wir andererseits Jahr für Jahr mehr Damen für unseren Sport begeistern können?
und hier dann noch die Antwort von Phillip:
Hallo DTFB,
vielen Dank erst einmal für die Antwort, die ehrlich gesagt wesentlich ausführlicher ist, als ich sie mir erhofft hatte. Im Nachfolgenden möchte ich auf die von Euch angesprochenen Punkte eingehen:
1. Ich denke hier liegt es in erster Linie an der Definition. Für mich persönlich sind die WCS Turniere an sich (wodurch Oke zum "Weltmeister" wurde) auch Weltmeisterschaften, eben nur für den jeweiligen Tisch. Genauso wie auch die
P4P Weltmeisterschaft und die Tornado World Championships (wobei diese beiden Turniere qualitativ von der Klasse der Spieler her sogar vor der ITSF World Championship einzustufen sind).
Für andere mag nur das Turnier in Nantes/Turin/Hamburg als einzig wahre WM zählen.
Aber soweit ich das auch 2012 mitbekommen habe, haben einige Offizielle des DTFB der damaligen Herrennationalmannschaft zum Weltmeistertitel gratuliert. Auch Longlong wurde von seinem Landesverband, dem DTFB angeschlossenen NWTFV, nach dem Sieg im Offenen Einzel auf der Leo WCS 2012, offiziell als Weltmeister tituliert - wie gesagt, in meinen Augen auch zu Recht!
2. Zugegebenermaßen passt in diesem Zusammenhang der Begriff "viele" nicht ganz. Aber ist es nicht schade um jede einzelne Topspielerin, die jetzt garnicht mehr kommt?
3. Um das Zitat des Artikels etwas zu präzisieren: "Möglicherweise werden sie sich daher künftig vermehrt auf die Turniere von „Players4Players“ konzentrieren". Man muss fairerweise sagen, dass in dem Artikel noch das kleine aber wichtige Wörtchen "möglicherweise" steht. Ich denke was das bedeutet, wissen wir alle. Dadurch steht in dem Artikel an dieser Stelle ja nichts falsches. Es ist ja theoretisch möglich, dass durch diese Entscheidung (Damen dürfen nicht mehr in der BuLi spielen) die Damen die Nase komplett voll vom DTFB haben und vermehrt zu P4P gehen. Wie gesagt, rein theoretisch möglich.
4. Nun gut, das mit der Konkurrenz ist auch wieder eine Definitionssache. Ohne jetzt bei Wikipedia nachzuschlagen, finde ich P4P und DTFB sind an sich schon Konkurrenten. Wieso? Naja klar, sie machen zwar nicht genau das gleiche, aber beide Vereine sind die Hauptvereine im deutschen Tischfussball. Beide Vereine richten Turniere aus und versuchen möglichst viele Mitglieder auf diesen Turnieren zu haben. Also eine gewisse Konkurrenzsituation finde ich, ist da schon gegeben, wobei ich jetzt nicht sagen will, dass Konkurrenz unbedingt was schlechtes ist. Gab genügend Fälle, bei denen erst durch entsprechende Konkurrenz die größten Fortschritte erzielt wurden.
Bzgl. des demokratischer organisierten: auch hier wieder Ansichtssache meiner Meinung nach. Okay, der DTFB hat mindestens 80% seiner Mitgliedsverbändevertreter bei den Abstimmungsprozessen dabei. In absoluten Zahlen ist das aber noch nicht mal die Hälfte der Leute, die dieses Jahr auf der Mitgliederversammlung bei P4P gewesen sind (wo es auch relevante Abstimmungsprozesse gibt). Weiterhin hat bei P4P jedes einzelne Mitglied die Möglichkeit im Vorfeld der Jahreshauptversammlung Themenpunkte vorzuschlagen die ihm am Herzen liegen, und darüberhinaus sogar selbst bei der JHV das Recht über diese Punkte abzustimmen. Soweit ich weiß, ist das einem einzelnen Mitglied beim DTFB nicht möglich. Bitte um Korrektur, falls ich mich hier täusche.
5. Ich denke, das war mehr ein Stilmittel als dass man da wirklich dem DTFB unterstellen wollte, dass sie keine Unterschiede zwischen Fußball und Tischfußball sähen.
Ich meine, nicht nur für Aussenstehende sind gewisse Namensbezeichnungen schon sehr auffällig. Auch im Artikel erwähnt: DFB->DTFB, DFL ->DTFL
6. Naja mehr Anerkennung ist doch auch Ziel des DTFB, oder etwa nicht? Also ich weiß das jetzt nicht aus offiziellem Mund, aber zumindest mir erscheint es als logisch. Mehr Anerkennung -> Mehr Spieler -> mehr Sponsoren -> usw....
Zum Thema Gleichberechtigung: Es gab ja die letzten Jahre eine Bundesliga und eine Damenbundesliga. In der Bundesliga waren alle (ob männlich oder weiblich) gleichberechtigt. Das hat sich jetzt verändert. Klar, jetzt haben sie getrennt betrachtet, jeder das gleiche Recht. Aber es geht um die Veränderung. Und wenn man dann die Bundesliga der letzten Jahre betrachtet, nimmt man den Frauen ein Recht weg, eben dass sie in der offenen Bundesliga spielen dürfen. Wenn man es wirklich so hätte lösen wollen, dass alle gleichberechtigt werden, hätte man wie extra für die Damen die Damenbundesliga eingeführt wurde, für die Herren eine zusätzliche Herrenbundesliga einführen müssen.
7. Wenn es in die Richtung Damengewinnung geht, hat der DTFB wirklich einiges richtig gemacht, gerade auch mit der Einführung der Damenbundesliga. Aber erhofft sich der DTFB durch den Ausschluss der Damen noch mehr Zuwachs als es eh schon gibt?
Es ist halt schade, man hat eine sehr gut ausgeprägte Herrenbundesliga und eine wachsende Damenbundesliga. Mit ein bisschen weniger Konservatismus, und modernerem Denken, hätte man der Welt zeigen können, dass gerade im Tischfußball die Rollen nicht nach dem Geschlecht verteilt werden müssen. Aber so bleiben die Herren und die Damen jeweils unter sich.
Aber das ist nur meine persönliche Meinung...
Generell ist aber zu sagen, dass egal ob "schlecht recherchiert" oder nicht, die Publicity ist für den Tischfußball insgesamt wichtig.
Auch dass es nicht nur wie meist, ein einfacher Turnierbericht geworden ist, sondern dass sich die Medien mit einem Thema befassen, welches auch außerhalb der Welt des Tischfußballs kritisch gesehen wird. Das ist interessant und wird auch vom "normalen" Leser wahrgenommen.